Mit dem eigenen Segelboot neue Segel- und Urlaubsreviere zu erkunden, zählt sicherlich zu den schönsten Erlebnissen eines jeden Bootseigners. Gäbe es da nicht das ein oder andere Hindernis, welches bei so manchem Segler Gänsehaut auslöst: Brücken, Schleusen, Freileitungen. Dabei könnte doch alles so einfach sein...
Eine Mastlegevorrichtung steht nicht nur für die Revierfreiheit, sondern ist auch durchaus sinnvoll, wenn es mal wieder an den Mastenkran zum Saisonauftakt und -ende geht. Somit können durch eine MLV auch wiederkehrende Kosten gespart werden. Technisch ist die Installation einer solchen Anlage für Boote mit einer Mastlänge von 7 – 14 Metern möglich. Natürlich gibt es auch einige Beispiele in denen Mastlegevorrichtungen für Schiffe mit ca. 18 Metern Mastlänge angefertigt wurden. Das bringt uns zu der Frage: Wie funktioniert eine Mastlegevorrichtung denn eigentlich genau?
MASTLEGEN & -STELLEN MIT "JÜTT" ODER "TOTER MANN"
Über einen Hebel (2) wirkt eine aufrichtende Zugkraft (1) auf den Mast. Diese Zugkraft wird meist über eine Talje und Körperkraft aufgebracht. Den Hebel bildet ein Toter Mann oder eine Jütt. Die Verbindung zwischen Mast und Hebel stellt das Vorstag oder ein Fall dar. Der Mast dreht bzw. kippt über den Mastbolzen (3) am, bzw. im Maststuhl. Führungswanten (4) verhindern das seitliche Pendeln des Mastes. Der gelegte Mast wird achtern auf einer Maststütze (5) gelagert.
Um die erforderliche Zugkraft aufzubringen, wird am häufigsten ein Flaschenzug eingesetzt. Bei einem toten Mann genügt oft eine Talje mit 2 Stück 3-Fach-Blöcken. Im Falle einer Jütt, sollte ein angepasstes Rollensystem verwendet werden. Dieses reicht von 2x3 bis 2x5 kugelgelagerten Rollen. Um die Kraftanstrengung weiter zu erleichtern, kann in manchen Fällen die Zugleine der Talje über das Spill der Ankerwinde gelegt werden. In der Regel ist aber eine Schot- oder Fallwinsch ausreichend. Für noch bequemeres Legen und Stellen des Mastes ist es auch möglich eine elektrische Drahtseilwinde einzusetzen.
Der entsprechende Hebel zum Legen und Stellen des Mastes kann durch einen Toten Mann oder eine Jütt realisiert werden. Hier eine kurze Unterscheidung zwischen den beiden Lösungen.
TOTER MANN:
Eine Doppelrohrkonstruktion mit teleskopischen Einschubrohr, welche kurz vor dem Mast auf Deck montiert wird. Erfahrungsgemäß können Boote bis etwa 22 Fuß hiermit ausgerüstet werden. Bei Nichtbenutzung kann der Tote Mann am Mast in einer speziellen Schelle gelagert werden. Natürlich ist es auch möglich, ihn zu demontieren und beispielsweise in der Backskiste zu verstauen.
JÜTT:
Eine V-förmige Rohrkonstruktion, meist bei Booten ab ca. 22 Fuß. Ihr breiter Stand bildet eine bessere Geometrie zur Kraftverteilung und ist, auch durch größere Rohrdurchmesser, stabiler. Hier wird der Platz auf Deck maximal ausgenutzt. Die Jüttlager befinden sich oftmals ganz außen auf dem Laufdeck und die Länge der Schenkel liefert eine gute Hebelwirkung. Dennoch sind die Jüttschenkel nie länger als der Abstand vom Vorstag bis querab zum Maststuhl. Auch die Jütt kann auf Deck „liegen“ bleiben oder bei Bedarf demontiert werden. Diese Rohrkonstruktion besteht aus 3 zusammensteckbaren Teilen, sodass sie bequem in der Kajüte Platz findet.
Egal welche Form gewählt wird, im Vorfeld dieser Entscheidung stehen viele Kriterien und technische Faktoren, welche beachtet werden müssen:
- Bootsgröße
- Deckslayout
- Position und Art des Ankerkastens
- Art und Anschlagpunkt des Vorstages oder der Rollfockanlage
- Legen/Stellen mit Vorstag oder Fall
- Wo ist Platz für die Talje
DIE STABILISIERNG DES MASTES WÄHREND DES MANÖVERS
Führungswanten fixieren den Mast und dienen der seitlichen Stabilisierung beim Maststellen und Mastlegen. Sie sind zwingend notwendig, damit der Mast seitlich nur wenig, bis gar nicht ausschlagen/pendeln kann. Durch Führungswanten kann gewährleistet werden, dass der Mast auch während der Fahrt oder bei Seitwinden sicher gelegt und gestellt werden kann.
Es gibt grundlegend zwei Lösungsansätze:
1. Ein festes Führungswantenpaar aus Drahtseil, das im Drehpunkt des Mastes angreift. Um diesen Punkt zu erreichen, muss ein Paar Bügel oder zwei Stützen gefertigt und montiert werden. Diese sollten möglichst außen auf dem Laufdeck installiert werden, so ist der Winkel zwischen Mast und Wanten weitaus größer und damit wirksamer.
Vorteile:
- Greifen genau im Drehpunkt des Mastes an
- Müssen nicht gespannt oder gefiert werden
- Stützen lassen sich optisch in die Reling integrieren
Nachteile:
- Ein Wantenpaar mehr, welches den Durchgang sperrt/stört
- Sehr mess- und montageintensiv
- Zu viel Spannung, um Mastbolzen im gelegten Zustand zu ziehen
2. Ein Führungswantenset, bestehend aus einem VA-Schlitten, Dyneematauwerk und 2 Schäkeln.
Der Schlitten wird, angepasst an die Keep und Einfädelöffnung, mithilfe des Großfalls bis zur Saling gezogen. Von dort aus erstreckt sich das Dyneematauwerk jeweils Backbord und Steuerbord bis auf die Fußreling bzw. Laufdeck und wird mit Schäkeln angeschlagen. Hierbei wird nicht der Drehpunkt des Mastes erreicht. Diese Differenz wird aber durch Verlagerung nach vorn kompensiert.
Vorteile:
- Flexibel und wegnehmbar
- Geringe Investitionskosten
Nachteile:
- Müssen evtl. gespannt und/oder gefiert werden
AUFLAGE FÜR DEN LIEGENDEN MAST
Maststützen dienen zur Lagerung des gelegten Mastes während der Fahrt auf dem Wasser, dem Landtransport oder auch im Winterlager. Es kann in drei verschiedene Maststützen unterschieden werden:
MASTSTÜTZE ACHTERN
Grundsätzlich dient die Maststütze achtern zur Aufnahme des Mastes nach dem Mastlegen. Sie besteht meist aus drei Teilen: 2 gleichen Schenkel aus Rohr und einem Mittelteil, dem Maststützenkopf. An diesem befindet sich immer eine Rolle, auf der der Mast leicht nach vorn bewegt werden kann. Die Größe der Rolle richtet sich nach dem Profil des Mastes. Auf beiden Seiten der Rolle ist eine Absturzsicherung angebracht, um den Mast am Herunterfallen zu hindern. Ist beispielsweise die Saling im Weg, um den Mast nach vorn zu rollen, kann die Absturzsicherung abgeklappt werden. Die Form und Größe der Stütze richten sich nach Art der Befestigungsmöglichkeiten und Schiffs- bzw. Mastgröße.
MASTSTÜTZE MITTE
Bei längeren Fahrten und/oder im Winterlager wird der Mast nach vorn gerollt. Um dies zu erleichtern kann eine Maststütze in der „Mitte“ installiert werden. Auch diese besteht aus drei Teilen: 2 Rohre, meist Vierkantrohr, und einer Rolle in der Mitte. Auf ein Absturzsicherung wird hier verzichtet. Die Konstruktion der Stütze hängt stark von der Form des Maststuhls ab.
MASTSTÜTZE VORN
Eine Maststütze vorn eignet sich bei kleinen Booten, oder bei langen schweren Profilen in Verbindung mit einer mittleren Maststütze. Die Konstruktion dieser Stütze ist häufig ein Vierkant- oder Rundrohr, welches mittels Schellen auf dem Bugkorb befestigt wird. Hier ist ein PVC-Schlauch als Polster oft ausreichend, aber auch der Verbau einer Rolle ist üblich. Die Höhe ergibt sich aus der tatsächlichen Bauhöhe der anderen Maststützen und den dazwischen liegenden Decksaufbauten. Sind größere Höhen zu erreichen, muss die Maststütze zusätzlich abgefangen/abgestützt werden. Beispielsweise durch ein Abspannrohr mit weiterer Schelle am Bugkorb.
ZUSAMMENFASSUNG
Als allererstes steht immer die Frage nach der Notwendigkeit einer Mastlegevorrichtung. Dazu können folgende Fragen hilfreich sein:
• Wie oft werde ich den Mast legen und stellen?
• Ist mir die Unabhängigkeit von fremder Hilfe und „Öffnungszeiten" des Mastkranes wichtig?
• Welches Fahrtengebiet bereise ich häufig?
• Kann ich mir mit einer Mastlegevorrichtung ein neues Fahrtengebiet erschließen?
• Ist die Anschaffung einer MLV perspektivisch finanziell günstiger als das Mastkranen?
Grundsätzlich ist jede Mastlegevorrichtung eine komplexe technische Konstruktion, welche aus verschiedenen Bauteilen besteht. Die Basis ist ein Maststuhl, in welchem der Mast drehbar gelagert ist. Durch eine Jütt oder den „Toten Mann“ als Hebelarm und eine Talje zur Kraftverteilung wird der Mast über ein Fall oder das Vorstag gehoben und gesenkt. Zur seitlichen Stabilisierung des Mastes dienen die Führungswanten. Das Legen und Stellen des Mastes kann sowohl händisch als auch durch eine elektrische Winde durchgeführt werden. Als Auflagefläche für den gelegten Mast dienen Maststützen. Diese werden je nach Bedarf am Heck, mittig oder am Bug des Schiffes montiert.
In den meisten Fällen muss eine Mastlegevorrichtung individuell auf das Schiff angepasst werden, da oft auch Eigenbauten oder Änderungen am Segelboot durchgeführt wurden. Weiterhin sind Bootstyp, Mastlänge, Freibordhöhe, Art des Vorstages, Mastfußhöhe über Wasserlinie und viele weitere Daten zu berücksichtigen. Aufgrund all dieser Faktoren variiert der Preis einer Mastlegevorrichtung stark. Je nach Einzelfall und Sonderwünschen bewegt man sich in einer Preisspanne zwischen 1.500 – 8.500 €.
Über den Autor:
Wir bauen seit über 25 Jahren Edelstahlbauteile im maritimen Bereich und haben uns unter anderem auf Mastlegevorrichtungen spezialisiert. Bei vielen Serienyachten liegen uns diverse Informationen und bauliche Besonderheiten vor, sodass wir inzwischen auf Erfahrungen und bewährte Systeme in Bau und Montage von Mastlegevorrichtungen zurückgreifen können. Wir beraten Sie gern und finden die passende Lösung für Ihr Schiff.